Report in der FÜR SIE – über Escortservice für Frauen und weibliche Sexualität.
Die Reportage beschreibt umfassend auf mehreren Seiten die Themen Escortservice für Frauen, den Film „Meine Stunden mit Leo“ mit Oscarpreisträgerin Emma Thompson, die vielschichtigen Begegnungen zwischen einem Escort-Mann und einer Frau und das Thema weibliche Sexualität.
Auszüge aus dem Interview:
Die meisten Frauen, die im Internet nach einem Begleiter wie ihm suchen, geben den Begriff „Callboy“ ein. Die Bezeichnung findet Sascha allerdings schwierig – schließlich ist er mit 50 weiß Gott kein Boy mehr. Escort, englisch für „Begleiter“, findet er da schon passender. „Aber auch das greift zu kurz“, sagt er. „Meine Tätigkeit ist vielschichtig, die Treffen mit meinen Kundinnen laufen sehr unterschiedlich ab. Deshalb habe ich den Begriff ,sinnlicher Begleiter‘ kreiert – der trifft es für mich wohl am besten.“
Das letzte Mal in den Blickpunkt einer breiten Öffentlichkeit gerückt ist das Thema Callboy/ Escortservice für Frauen durch den Film „Meine Stunden mit Leo“. Die pensionierte und verwitwete Lehrerin Nancy, gespielt von Oscargewinnerin Emma Thompson, hatte während ihrer Ehe nie guten Sex. Bevor es zu spät ist, möchte sie das ändern und engagiert Callboy Leo. Vielmehr als um Sex und aufregende Stellungen geht es in dem Film um Einsamkeit und weibliche Scham: Scham für den eigenen Körper, die eigene Lust.
Hier ein Ausschnitt (Trailer) vom Film:
Sascha mag den Film. Er spiegele seine Erfahrungen mit den Kundinnen realistisch wider, erzählt er: Ihre Nervosität, ihre Unsicherheiten, ihre Sehnsüchte.
„Jede Frau hat etwas Besonderes, etwas Sinnliches. Genau das möchte ich ihnen auch vermitteln.“
Dass in Beziehungen viel zu wenig über körperliche Bedürfnisse geredet wird, wie es auch Filmfigur Nancy in ihrer Ehe erlebt hat, sei Sascha durch seine Tätigkeit noch einmal stärker bewusst geworden, sagt er. „Viele Beziehungen sind nicht lebendig, weil so viel geschwiegen wird. Man arrangiert sich, lebt nebeneinander her. Dabei sind Berührungen für uns Menschen so wichtig! Warum sorgen wir da nicht besser für uns? Es muss ja nicht gleich ein Escort Mann sein, es gibt viele Möglichkeiten.“
Sascha, der übrigens wirklich Sascha heißt und nicht wie viele seiner Kollegen ein Pseudonym verwendet, ist ein offener Typ mit lachenden blauen Augen. Er hat kein Problem damit, über das zu reden, was er macht. Im Gegenteil. Er will mit Klischees aufräumen und dabei helfen, mit dem Tabu zu brechen, dass es sich für Frauen nicht gehört, für Nähe, Berührungen und Sex zu bezahlen. „Männer machen sich darüber viel weniger Gedanken. Frauen aber kostet es unheimlich viel Mut und Überwindung, auf meiner Seite auf den Button ,Anfrage‘ zu klicken.“ Wie lange er den Job schon macht, will Sascha nicht verraten. Darüber, sagt er, spreche man in seiner Branche ebenso wenig wie über die Anzahl der Kundinnen.
Was man bei dieser Arbeit braucht: Interesse an Menschen – und das nicht bloß als Mittel zum Zweck.“ Für ihn, sagt er, sei das, was er tue, kein Beruf, sondern Berufung.
Saschas Kundinnen sind im Schnitt zwischen 35 und 60. So etwas wie einen festen Ablauf gibt es bei den Buchungen nicht. Oft beginnt der Abend mit einem Dinner oder einem Spaziergang. Teilweise findet das Treffen auch direkt im Hotel oder bei der Kundin zu Hause statt. Was die Frauen suchen, die zu ihm kommen, lässt sich für Sascha leicht zusammenfassen: Nähe.
„Die Frauen wollen wertgeschätzt werden, Zärtlichkeit und Leichtigkeit erleben. […] Sex im Sinne von Penetration, sagt er, stehe bei den Treffen oft gar nicht im Vordergrund. „Es gibt Frauen, die denken: ,Jetzt habe ich mir einen Escort gebucht, jetzt müssen wir auch Sex haben.‘ Aber so ist das nicht. Ich halte das bewusst offen.
Ich mag das Kennenlernen, den Gesprächsaufbau, dieses Aufeinandereinstimmen. Es sind jedes Mal sehr achtsame Begegnungen.“
KATI (61), SELBSTSTÄNDIGE MASSEURIN
„Ich fühle mich stärker und selbstbewusster“
Kati gehört zu Saschas Stammkundinnen. Sie mag seine Gelassenheit und dass er ein guter Zuhörer ist. Ihren Körper und ihre Lust hat sie durch ihn neu entdeckt
Wie kamen Sie auf die Idee, sich einen Escortservice für Frauen zu buchen?
Ich steckte lange in einer unglücklichen Beziehung fest. Nachdem ich mich getrennt hatte, hatte ich ein paar Dates, aus denen zum Teil auch Beziehungen wurden. Aber irgendwie erfüllten sie mich nicht, weder mental noch sexuell. Das war frustrierend, und ich kam zu dem Schluss, dass ich keine klassische Paarbeziehung mehr wollte. Lieber wollte ich mal etwas
Neues ausprobieren.
Haben Sie vor Sascha schon andere Escorts getroffen?
Nein, Sascha war mein erster. Eine Freundin hatte ihn mir empfohlen. Sie erzählte von ihren sehr positiven
sinnlichen Erfahrungen mit ihm und meinte, wir würden sicher auch auf vielen Ebenen harmonieren.
Geht es Ihnen bei den Treffen vor allem um Sex?
Nicht nur. Besonders bei unserem ersten Date wollte ich es offenhalten und mich nicht überfordern. Bevor
wir uns trafen, hatten wir einen schriftlichen Austausch, und Sascha erzählte mir, dass es keinen Plan für
unser Date gebe und dass jedes Date einzigartig sei. Das nahm mir den Druck. In erster Linie hatte ich Lust
auf anregende Gespräche, vielleicht Küsse und Berührungen. Sex nur, wenn ich mich öffnen kann.
Wie oft treffen Sie Sascha?
Viel zu selten. (lacht) Etwa alle vier bis sechs Wochen. Was mir besonders an ihm gefällt, ist diese Mischung aus Empathie und Männlichkeit.
Weiß Ihr Umfeld, dass Sie einen Escort buchen?
Inzwischen habe ich einigen engen, aufgeschlossenen Freundinnen davon erzählt. Ich gehe einen neuen Weg, bin dabei, mehr über mich zu lernen, über meine Sinnlichkeit und meine Bedürfnisse. Ich denke, indem ich darüber spreche, kann ich anderen Frauen helfen, ihnen Mut machen, dass auch in ihrem Leben nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist.
Dass auch Frauen jenseits der 50 sexuelle Wünsche haben, ist immer noch ein Tabu. Leider. Wir reden viel über Gleichheit und Emanzipation. Aber was unsere Sexualität angeht, fehlt es an gesellschaftlicher Akzeptanz. Ich kann von meinem Weg nur Positives berichten:
Ich fühle mich stärker, selbstbewusster und viel mehr in Kontakt mit mir selbst als früher.
Die vollständige Reportage in der Magazinversion:
PDF Originalansicht FÜR SIE, Seite 88-91 >>
Quelle:
Frauenzeitschrift FÜR SIE.
Webseite: https://www.fuersie.de/
Magazin Print-Auflage ca. 170.000 Stück